In diesem Beitrag geht es mir nicht um den Umgang mit Schuld, sondern darum, wie wir als Therapeuten mit Schuldgefühlen in der Psychotherapie arbeiten können. Wie können wir mit Menschen arbeiten, die ständig Schuldgefühle haben.
Im Unterschied zu Schamgefühlen („Ich bin falsch“) geht es bei Schuldgefühlen um das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben.
Dennoch haben Schuldgefühle meist nichts damit zu tun, ob man tatsächlich etwas „Schuldhaftes“ getan hat. Vielmehr sind sie meist eine innere Prägung, die das Leben der Betroffenen sehr anstrengend macht.
Das ständige Gefühl der Schuld ist eng mit frühen Verletzungen und Trauma verbunden, sodass diese Schuldgefühle in der Psychotherapie früher oder später zum Thema werden.
Wer sich nicht bewegt, macht auch keine Fehler!
Menschen, die ständig von einem Schuldgefühl begleitet werden, schränken sich in ihrem Selbstausdruck und ihrer Lebendigkeit oft massiv ein, weil sie immer Angst haben, etwas „falsch“ zu machen. Hinzu kommt, dass sie oft nur wenig Bezug zu ihren eigenen Bedürfnissen und Wünschen haben, weil sie mit ihrer Aufmerksamkeit immer bei den anderen sind.
Richtig und falsch, Lob und Strafe und vor allem die Verschiebung von Verantwortung sind in unserer Kultur so tief verankert, dass wir fast alle mit diesen Dingen erzogen wurden. Wir leben in einer Kultur, die davon ausgeht, dass man Kinder und alle Menschen bestrafen muss, damit sie bestimmte Dinge nicht oder nicht mehr tun. Strafe soll Menschen zu besseren Menschen machen.
In der Schule wird dies dann womöglich noch weiter verstärkt. Fehler werden durch schlechte Noten bestraft. So entwickeln Menschen Angst davor, neue Dinge zu lernen, weil Lernen dazu führt, dass sie Fehler machen könnten. In einem Seminar sagte einmal ein Lehrer: „Wer sich nicht bewegt, macht auch keine Fehler.“
Verantwortung für das Lebensglück anderer übernehmen
Ebenso ist es völlig normal mit Hilfe von Liebesentzug zu erziehen. Kinder wissen allerdings sehr oft gar nicht, was die Regeln sind, an die sie sich halten sollen, oder können diese teilweise noch gar nicht einhalten. So erleben sie häufig, dass sie bestraft werden, wenn sie etwas noch nicht können oder noch nicht gelernt haben. Zusätzlich sagen Eltern oftmals als Erziehungsmaßnahme, dass ihnen ein bestimmtes Verhalten des Kindes “weh” tut und Mama sich deswegen “schlecht” fühlt. Damit lernt das Kind, dass es schuld daran ist, wenn es der wichtigsten Bezugsperson schlecht geht und sie in der Folge lernen die Verantwortung für deren Wohlergehen tragen. So entwickeln sich oft starke Schuldgefühle und das innere Gerbot die Gefühle anderer auf sich selbst zu beziehen, bzw. sich als verantwortlich zu sehen. Später ist diese starke Vermischung von Ich und Du ein Zeichen für einen Mangel an psychologischen Grenzen, der das Leben sehr anstrengend macht.
Wenn wir über Schuldgefühle in der Psychotherapie sprechen, sind diese meist ein Phänomen dieser tief verankerten Überzeugung, verantwortlich zu sein. Eltern vermitteln ihren Kindern leider oft das Gefühl , dass ihr Verhalten die Eltern glücklich oder unglücklich macht. Oftmals sogar so sehr, dass sie verantwortlich sind für das Lebensglück oder Unglück ihrer Eltern.
So entsteht in den Betroffenen ein starkes – falsches – Verantwortungsgefühl für das Wohlergehen ihrer Mitmenschen und vor allem ihrer Partner*innen. Sie versuchen per „Gedankenlesen“ schon weit im Voraus zu erfassen, was die andere Person will, und sich daran anzupassen (siehe hierzu auch: Video Narzisstische Mütter).
Verstärkt wird diese Form von fehlgeleiteter Verantwortung dadurch, dass kleine Kinder nicht zwischen sich und anderen Menschen trennen können. Sie gehen davon aus, dass alles, was passiert, mit ihnen zu tun hat oder von ihnen verursacht wird. Diese Art des sogenannten magischen Denkens hat zur Folge, dass Kinder die Verantwortung für alles in ihrer Familie übernehmen. Und sich dann schuldig fühlen, wenn sie geschlagen oder missbraucht werden, die Eltern sich trennen oder bei jeder anderen Form von negativen Geschehnissen.
In dem Video beleuchte ich dieses große und komplexe Thema noch weiter. Ich versuche dir ein paar Ideen zu geben, wie du mit deinen Klient*innen mit ihren Schuldgefühlen in der Psychotherapie arbeiten könntest:
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Danke VIELMALS…freue mich auf weiteres und wünsche viel Erfolg, herzlichst angie